Schellack & Design-Idee
Ein mehr als hundert Jahre altes, optisch ziemlich angegriffenes Klavier aus dem Hause Feurich soll, damit es wieder verkäuflich ist, etwas aufgefrischt werden. So meine Zielsetzung. Da ich noch nie mit Schellack gearbeitet habe, ist mir von Anfang an klar, dass es unmöglich sein wird, die Oberfläche des Gehäuses wieder in einen Top-Zustand zu bringen. Die Oberflächenbehandlung eines Klaviers mit Schellack ist eine hohe, leider aussterbende Kunst, die viel Erfahrung erfordert. Leider gibt es nur noch Wenige, die dieses Handwerk beherrschen. Somit ist meine Motivation primär, Erfahrungen in diesem Handwerk zu sammeln. Und mein Anspruch bescheiden: Das Klavier soll anschließend besser aussehen als zuvor. Wirtschaftlich rechnet sich dieser Aufwand nicht, denn ein ganzes Klavier auf diese Weise wieder auf Hochglanz zu bringen, dauert Monate. Weil ich aber wissbegierig und neugierig bin, mache ich mich dennoch ans Werk. Nur, um zu lernen.
In Kurzfassung
Schellack wird in mikrometer-feinen Schichten mit einem Ballen aufgetragen. Dies geschieht, indem man in kreisenden oder Achter-Bewegungen über die Oberfläche streicht. Der im Ballen befindliche Lack tritt peu à peu aus. Hilfsmittel sind hochprozentiger Spiritus und Öl. Man muss immer in Bewegung bleiben und darf nie stoppen, sonst bleibt der Ballen kleben und die Oberfläche „verbrennt“, sodass man erneut schleifen und von neuem beginnen muss. Es gilt als Anfänger also, zunächst einmal ein Gefühl für diese Arbeit zu bekommen.
Zustand vorher
Die Bilder zeigen den Zustand des Instruments im Ausgangszustand. Nach mehr als hundert Jahren haben sich Risse in der Oberfläche gebildet, an vielen Stellen scheint das unter dem Lack befindliche braune Holz durch. Ein typisches Szenario bei alten Klavieren. Schellack mag keine starke Sonneneinstrahlung und vor allem kein Wasser. Blumenvasen oder andere mit Flüssigkeit befüllte Gefäße aufs Klavier zu stellen ist also tabu. Abriebstellen und Transportschäden haben dem Piano zusätzlich zugesetzt.
Die Arbeit
Um die vielen Risse im Lack zu entfernen, muss die Oberfläche geschliffen werden. Also wird das Innere des Instruments zunächst mit einer Folie vom Schleifstaub geschützt. Nach dem Abschleifen des Lacks kommt das braune Furnier, das glücklicherweise sehr dick ist, zum Vorschein. Man arbeitet mit einem schwarz gefärbten Schellack, zusätzlich aber wird das rohe Furnier zuvor noch mit einer schwarzen Wasserbeize gefärbt. Größere Schadstellen wie Löcher oder abgebrochene Kanten können mit einer Schellack-Stange wieder ausgebessert werden. Diese Stange wird erhitzt und der flüssige Schellack aufgebracht. Dies kann man mit einem handelsüblichen Lötkolben machen oder mit einem erhitzten Messer. Kleinere Vertiefungen kann man füllen, indem man mit Bimsmehl arbeitet, das, leicht mit Schellack getränkt, in diese eingerieben werden. All diese Arbeiten wurden bei diesem Instrument angewandt.
Der Vergleich
Die Bilder zeigen den Zustand zuvor und nachher im Vergleich. Eine Verbesserung ist sicherlich festzustellen, finde ich.
Zustand nachher
Hier sieht man die aufgearbeiteten Oberflächen. Ich bin relativ zufrieden.
Design-Idee
Zusätzlich habe ich noch eine verrückte Idee. Und mir ist bewusst, dass die Geschmäcker hier differieren. Ich denke mir: Muss ein Klavier denn immer schwarz sein? Eigentlich waren es die schönen, geriffelten Konsolen, die mich auf die Idee brachten, etwas Farbe ins Spiel zu bringen. So setze ich Akzente und das Instrument wirkt interessanter. Wem das Blau nicht gefällt: Diese mit herkömmlichen Acryllack gefärbten Teile lassen sich jederzeit umfärben.