Clara Schumann in Baden-Baden

Nach dem Tode ihres Mannes Robert Schumann im Jahre 1856 war Clara Schumann gezwungen, die Düsseldorfer Dienstwohnung zu verlassen. Sie nahm ihre rege Konzerttätigkeit, die sie während ihrer Ehe vernachlässigt hatte, wieder auf und begab sich auf zahlreiche Konzertreisen, die sie durch ganz Europa führte.

Zu dieser Zeit lebten noch sieben ihrer acht Kinder. Sie wurden, wie damals nicht unüblich, „in Pension“ gegeben, sodass sie ungestört reisen konnte. Die älteste Tochter Marie kümmerte sich zwar um die jüngeren Geschwister, fungierte später aber auch als Claras Reisebegleiterin und Sekretärin.

Das öffentliche Konzertieren war Clara Schumanns Lebenselixier, sie brauchte das Musizieren vor Publikum, obschon sie sich lebenslang mit enormem Lampenfieber herumplagte. Aber davon abgesehen, dass sie ihre Konzerttätigkeit liebte, war sie auch dazu gezwungen, wenn sie ihre Familie ernähren wollte.

Auch wenn sie in der Literatur oft als „Rabenmutter“ dargestellt wird, so legen zahlreiche ihrer Briefe hingegen davon Zeugnis ab, dass sie das familiäre Zusammensein doch schmerzlich vermisste.

So entschloss sie sich, fast schon spontan und auf Zureden ihrer Freundinnen Pauline Viardot, eine der vielseitigsten Künstlerinnen des 19. Jahrhunderts, und Elisabeth Werner, zum Kauf eines Hauses in Baden-Baden, wo die Familie in den Sommermonaten, wo die Konzerttätigkeit ruhte, zusammentreffen konnte.

Clara erwarb das eher bescheidene Haus am 27. Oktober 1862 von der Advokatenwitwe Clara Becker für 14.000 Gulden. (Den damaligen Wert des Hauses in die heutige Währung umzurechnen ist nicht ganz einfach, da die damalige Kaufkraft zugrunde gelegt werden muss. Diese Seite könnte dabei recht hilfreich sein.)

Das Gebäude, damals Lichtental 14, heute Hauptstr. 8 in Baden-Baden Lichtental, existiert noch immer, wenn auch nicht mehr in seiner ursprünglichen Form. Es wurde später aufgestockt. Die Aufteilung der Räume im Erdgeschoss ist aber noch erhalten geblieben.

Das Schumann-Portal zeigt ein Aquarell des Hauses, welches Johannes Brahms für Clara Schumann anfertigen ließ. So sieht das Haus aus gleicher Perspektive heute aus.

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Eine Gedenktafel an der Vorderseite des Hauses erinnert heute an die damalige Besitzerin.

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Clara Sommerhäuschen lag direkt an dem kleinen Flüsschen Oos und an der wunderschönen Lichtentaler Allee.

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Der Allee folgend gelangt man bis ins Herz Baden-Badens. Einen Besuch dieser wunderbaren Anlage kann ich nur wärmstens empfehlen!

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Unweit des Hauses an der Allee erinnert eine Büste Claras, die sie hier zwar als ältere Dame kurz vor ihrem Tod zeigt, an ihre Baden-Badener Zeit.

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Flankiert wird die Büste von der eines weiteren großen Musikers, nämlich Johannes Brahms, den es nach Claras Hauskauf ebenfalls nach Baden-Baden zog. Er mietete eine Wohnung bei Frau Becker, dieselbe Dame, die an Clara ihr Haus verkauft hatte, und wohnte nicht weit entfernt.

Beide Freunde verbrachten hier eine glückliche Zeit, saßen im Gedankenaustausch oft in Claras Gartenlaube, musizierten gemeinsam und erwanderten die nahe Umgebung. Unsere Seite „Johannes Brahms in Baden-Baden“ gibt weitere Auskünfte.

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Aber nicht nur Brahms, sondern viele bekannte Persönlichkeiten statteten Clara, oft sogar unangemeldet, einen Besuch in Baden-Baden ab, so dass von einer Erholung während der Sommermonate eigentlich keine Rede mehr sein kann. Die Gäste wurden entweder im eigenen Häuschen untergebracht, oder aber man mietete Zimmer im nahegelegenen Hotel Bären, heute ein Seniorenwohnheim, an.

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Baden-Baden galt in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als schönste Perle aller Bäder und zog sowohl Adelige und Wohlhabende als auch Künstler aus aller Welt an, wobei das Kurieren eines Leidens zur Nebensache avancierte. Man wollte sehen und gesehen werden.

Johann Peter Hebel, Alfred de Musset, Ernst Moritz Arndt, Iwan Turgenjew, um nur einige zu nennen, waren berühmte Gäste. Auch Goethe wollte das malerische Städtchen an der Oos eigentlich besuchen. Auf dem Weg dorthin hatte er jedoch einen Unfall mit seiner Kutsche und nahm Abstand von einem weiteren Versuch, die Kurstadt zu besuchen, da er enorm abergläubisch war. Dostojewskis Roman „Der Spieler“ beschreibt eindringlich und beklemmend seine Erlebnisse in Baden-Badens Spielbank, die inzwischen ein weiterer Anziehungspunkt war.

Clara Schumann pflegte Kontakt zu vielen dieser Persönlichkeiten und nutzte auch das vielfältige kulturelle Angebot der Stadt, wobei sie selber jedoch nur selten auftrat. Als 1870 der deutsch-französische Krieg ausbrach, dachte auch sie, wie viele andere, zunächst an Flucht, verkaufte ihr geliebtes Häuschen aber erst 1873.